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11.03.2024 Innenstädte: Es fehlen Freizeitangebote, Grünflächen und Mixed-Use

Die Technische Universität Darmstadt hat in Zusammenarbeit mit der James Cloppenburg Real Estate Holding B.V. & Co. KG (JC Real Estate) eine Studie zur Transformation deutscher Innenstädte durchgeführt. Eine repräsentative Onlinebefragung unter 1.069 Bürgern ermittelte deren Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen an zukünftige Innenstädte.

Demnach sind viele Befragte unzufrieden mit dem Zustand der Innenstädte. Insbesondere bei der Wohnsituation (41 Prozent), aber auch beim Einzelhandel (33 Prozent) und bei der Qualität des öffentlichen Raums (32 Prozent) beobachten viele Menschen in den letzten Jahren einen Attraktivitätsverlust.

Zur Verbesserung der Situation wünschen sich 55 Prozent der Befragten attraktivere Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten in den Innenstädten. Jeweils 53 Prozent würden die Stadtzentren häufiger aufsuchen, wenn sich die Qualität der vorhandenen Grün- und Freiflächen sowie des Wohnens verbessert. Die Bedürfnisse der Menschen unterscheiden sich dabei teils deutlich je nach ihrem sozialen Milieu. Während 47 Prozent aller Befragten angeben, bei attraktiveren Einkaufsmöglichkeiten häufiger die Innenstadt besuchen zu wollen, trifft dies in der Gruppe junger, gut ausgebildeter Städter nur bei 37 Prozent zu. Diese kaufkräftige Zielgruppe wird durch neue Einzelhandelsangebote also tendenziell nicht in die Innenstadt gezogen.

Der Einzelhandel bleibt für die Innenstadt ein wichtiger Faktor
Nichtsdestotrotz bleibt der Einzelhandel am Wochenende für knapp 60 Prozent der Befragten Hauptgrund für einen Innenstadtbesuch. Unter der Woche gilt dies nur für 41 Prozent.

„Die Ergebnisse zeigen, dass viele deutsche Innenstädte in den letzten Jahren am Bedarf einer Mehrheit der Menschen vorbei entwickelt wurden“, erklärt Prof. Dr. Andreas Pfnür, Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre der TU Darmstadt. „Die Zentren haben aus Sicht der Befragten in vielerlei Hinsicht an Attraktivität verloren. Um die Innenstädte neu zu beleben, braucht es einen Funktionsmix, der sich an den lokalen Bedürfnissen der jeweiligen Bevölkerung orientiert. Neue Shopping-Erlebnisse allein reichen den Menschen grundsätzlich nicht mehr aus.“

Eine wichtige Rolle im künftigen Funktionsmix dürften dabei neben dem Wohnen insbesondere neue innovative Büronutzungen spielen. Derzeit arbeiten lediglich 11 Prozent der Befragten in der Innenstadt. Weitere 40 Prozent können sich dies jedoch grundsätzlich gut vorstellen. Nur 27 Prozent würden nicht gerne in der Innenstadt arbeiten.

Wunsch nach mehr Grünflächen und einem leistungsstarken ÖPNV

Nachdem im Rahmen der ersten Befragung die grundsätzlichen Wünsche und Anforderungen der Bürger an die Innenstadt untersucht wurden, zielte die zweite Studie darauf ab, wie die Menschen ein Innenstadtquartier konkret ausgestalten würden und welche Art von Nachnutzungskonzepten sie bevorzugen. Diese zweite repräsentative Onlinebefragung wurde unter 1.314 Bürgern durchgeführt.

In einem idealtypischen Innenstadtquartier wünschen sich die Befragten in erster Linie mehr Stadtgrün (Rang 1 der präferierten Quartierselemente), ein fahrrad- und fußgängerfreundliches Layout (Rang 2) sowie einen verbesserten ÖPNV (Rang 3). Zwischen den jeweiligen sozialen Milieus unterschieden sich die Antworten kaum. Die Ausgestaltung eines Quartiers ist damit keine Frage des Einkommens.

Die Wünsche der Bürger in Bezug auf die Nachnutzung wurden am Beispiel eines viergeschossigen Warenhauses mit Dachterrasse und Untergeschoss untersucht. Während in den unteren Geschossen dem Einzelhandel weiter eine wichtige Rolle zugeschrieben wird, wünschen sich viele Menschen in den oberen Geschossen eine verstärkte Wohnnutzung und Büros. So präferieren 48 Prozent der Befragten im 4. OG Wohnungen. Weitere 32 Prozent würden gerne in erster Linie Büroflächen bzw. Coworking Spaces umgesetzt sehen. Beim Einzelhandel werden hochwertige Angebote, lokale Shops und Boutiquen gegenüber dem unteren Preissegment präferiert.
Bei innerstädtischen Dachterrassen zeigt sich ein vergeudetes Potenzial
Besonders zentral ist für die Menschen eine verbesserte Nutzung der Dachterrassen. Diese ist den Befragten im Schnitt sogar wichtiger als die künftige Nutzung im Erdgeschoss (EG:16 Prozent; Dachterrasse: 18 Prozent). Jeweils 30 Prozent wünschen sich hier neue, öffentlich zugängliche Nutzgärten bzw. ein Café mit Dachgarten. Weitere knapp 30 Prozent bevorzugen kleinteilige Gastronomie (Bars, Restaurants etc.).

„Unsere Präferenzmessung zeigt enormen Handlungsbedarf bei der Transformation von Innenstadtimmobilien auf. Vor allem Dachterrassen sollten anders und deutlich kreativer genutzt werden als bisher. Auffällig ist, dass diejenigen, die sich mehr Wohnungen in der Innenstadt wünschen, häufig auch gerne vor Ort arbeiten würden. Neue Wohnflächen und Büros können sich also in den meisten Fällen sehr gut ergänzen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Pfnür.

Aus Sicht von Dr. Kevin Meyer, Mitglied der Geschäftsführung der JC Real Estate, zeigen die Ergebnisse, dass Immobilieneigentümer und Kommunen künftig besser als bisher kooperieren müssen: „Im Ergebnis braucht es einen Wandel der Innenstadt vom Ort des Shoppings hin zu einem Ort der Begegnung. Bei der Erstellung von Nachnutzungskonzepten müssen die Immobilieneigentümer künftig stärker datenbasiert auf die lokalen Bedarfe eingehen. Die Kommunen wiederum sollten bei der Planung von Innenstadtquartieren die Eigentümer mit ihrer Praxiserfahrung so früh wie möglich einbeziehen. Nur so kann die Wirtschaftlichkeit der Pläne sichergestellt und das Kapital in der Innenstadt gehalten werden.“

Beide Teiluntersuchungen sind Teil der „Forschungsinitiative Transformation der Innenstadt“. Die einzelnen Projektschritte wurden in enger Zusammenarbeit mit der Forschungsprojektgruppe – die aus Experten von JC Real Estate, Nikolas Müller, CBRE und IFH Köln besteht – abgestimmt. Der Forschungsinitiative übergeordnet ist das Soundingboard mit zahlreichen Experten und Akteuren der Immobilienwirtschaft und anderen Disziplinen, mit denen die Ergebnisse besprochen und verifiziert wurden.























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